Wer Umwege macht sieht mehr von der Landschaft
„Das Leben ist wie ein Navi: Biegt man anders ab als vorgesehen, berechnet es sofort eine neue Route.“ Röbi Koller
„An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser.“ Charlie Chaplin
Manchmal werde ich gefragt, ob ich es bedauere, 14 Jahre in der Ordensgemeinschaft der Jesuiten gewesen zu sein. Das sei vermutlich ein Umweg gewesen.
Ja, aus heutiger Sicht war es ein grosser ‘Umweg’. Doch ich bedauere diese Zeit überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: Ich bin sehr dankbar dafür. Was ich dort lernen durfte, die Erfahrungen, die ich in dieser Zeit gemacht habe und die Menschen, denen ich dabei begegnet bin haben mir neue Sichtweisen und Horizonte geöffnet.
Mein Leben kommt mir ein bisschen wie die Schweiz vor. Ein wunderschönes Land, in dem sich gut, sicher und sorglos leben lässt. In diesem Land gibt es Autobahnen, auf denen man schnell von A nach B kommt. Doch diese Schnellstrassen führen meist um die Berge herum oder unter ihnen durch. Die reizvolleren und schöneren Strecken führen über die Berge, dauern etwas länger oder sind ‚Umwege‘.
Es ist wie bei vielen Bergen. Auf der einen Seite kommt man über eine Direttissima, angeseilt und mit klettern, zum Gipfel, während auf der anderen Seite sich ein wesentlich längerer Weg in vielen Serpentinen zum Gipfel hochwindet. Der eine ist sportlicher, direkter und man hat jeweils den nächst Schritt und das Ziel vor Augen. Der andere dauert länger, lädt zwischendurch zum Verweilen ein und man sieht mehr von der Landschaft.
Mein Lebensweg entspricht mehr der zweiten Varianten. Sie war zwar auch mit etwas Anstrengung verbunden, doch diese hat sich in meinen Augen mehr als gelohnt. Ich wurde mit Erkenntnissen, Erfahrungen und Begegnungen reich beschenkt, die ich auf der ‘Direttissima’ wohl nicht gehabt hätte.