Wenn Fische fliegen lernen … oder: Wie man erfolgreich wird
Es waren einmal ein paar Fischhändler. Zusammen hatten sie einen Fischmarkt. Sie arbeiteten den ganzen Tag, von morgens bis zum Abend. Und auch am Wochenende war der Fischmarkt offen. Am Abend, nach der Arbeit trafen sie sich regelmässig zu einem Glas Bier. Und natürlich unterhielten sie sich über die Arbeit. Meist klagten sie über ihren Job: Am Morgen in aller Herrgottsfrühe mit der Arbeit anfangen, den ganzen Tag in Gummistiefeln herumlaufen und schwere Kisten schleppen. Sie fanden, dass es schönere Arbeiten gibt, als den ganzen Tag Fische auszunehmen und der Kundschaft die immer gleichen Fragen zu beantworten. Und besonders gut bezahlt war der Job auch nicht. – Immerhin, sie hatten Arbeit. Und sehr viele Alternativen zum Fischmarkt gab es in ihrer Stadt sowieso nicht. Aber zufrieden waren sie mit ihrem Job nicht. Immer wieder träumten Sie von einem Job, der ihnen so richtig Spass machen würde. Doch sie wussten einfach nicht, wie sie das anfangen sollten.
Da machten Sie etwas, was viele Firmen in einer solchen Situation machen: Sie engagierten einen Unternehmensberater. Ihm erzählten sie, was sie den ganzen Tag machen und wie ihre Arbeit aussieht. Der Berater hörte ihnen aufmerksam zu, überlegte eine Weile und sagte dann: „Ihr klagt zwar über eure Arbeit. Aber wenn ich euch so zuhöre, habe ich den Eindruck, dass ihr eigentlich ganz gerne Fischhändler seid. Was euch fehlt, ist eine Vision, etwas, das euch fasziniert, etwas, das euch aufleben lässt und Energie gibt. Ihr braucht ein Ziel, das euch begeistert und inspiriert.“
Damit sprach der Berater ihnen aus dem Herzen. In den folgenden Wochen trafen sich die Männer häufiger als sonst und tauschten ihre Ideen und Träume aus. Und am Schluss hatten sie eine Vision. Es war eine grosse, gemeinsame Vision: „Wir werden der berühmteste Fischmarkt der Welt!“
Sie waren begeistert von dieser Vision. Doch die Begeisterung legte sich schnell. Denn nun standen sie vor der Frage: Wie werden wir zum berühmtesten Fischmarkt? – Auch diesmal holten sie sich wieder einen Berater und baten ihn, sie auf dem Qualitätsentwicklungsprozess zu begleiten. Mit Hilfe des Beraters überlegten sie hin und her, probierten dieses und jenes aus. Vor allem achteten sie darauf, dass sie es miteinander gut haben und ihnen die Arbeit Spass macht. So begannen sie z.B. sich die Fische durch die Luft zuzuwerfen – auch über die Köpfe ihrer Kundinnen hinweg.
Das sprach sich herum. Und es dauerte nicht lange, da war ihr Fischmarkt die Attraktion der Stadt. Bald darauf berichteten die Zeitungen und das Fernsehen kam. Die Fischhändler waren ihrer Vision, der berühmteste Fischmarkt zu werden, ein gutes Stück näher gekommen. Sie machten weiter.
Diesen Fischmarkt gibt’s tatsächlich. Es ist der Pike Place Market in Seattle. Inzwischen sind auch schon ein paar Bücher darüber erschienen.
Besonders spannend finde ich, was es brauchte, damit die Fischhändler ihre Vision umsetzen konnten. Sie haben viel ausprobiert und experimentiert. Am Schluss haben sie festgestellt, dass es im Grunde nur vier Dinge sind, auf die es ankommt:
- Handle spielerisch
Ich sorge dafür, dass mir die Arbeit Freude macht und ich es im Team gut habe. - Sei präsent
Dem, was ich im Moment mache, schenke ich die ganze Aufmerksamkeit. Das, was ich mache, mache ich ganz. - Bereite anderen Freude
- Wähle deine Einstellung / entscheide dich für den Tag
Meinen (schlechten) Stimmungen bin ich nicht ausgeliefert. Wenn’s mal nicht rund läuft, kann ich einen Schritt auf die Seite treten und ‚entscheiden‘, ob ich mir durch widrige Umstände die Stimmung verderben lasse.
Der letzte Grundsatz klingt etwas theoretisch. Deshalb ein Beispiel: Vor ein paar Jahren war ich im Engadin Skifahren. Ich freute mich auf die Abfahrt vom Corvatsch, vor allem auf den Traumhang gleich unterhalb der Bergstation. Bei Sonnenschein und Pulverschnee führt der direkt in den 7. Himmel. – An diesem Tag aber hatte es eine dicke Nebelsuppe und zwischendurch schneite es. Ich war meilenweit vom 7. Himmel entfernt. Da sagte ein Freund von mir: „Jetzt kannst du dich entscheiden, ob du dir durch diese widrigen Umstände den Tag verderben lässt oder nicht.“ Da wurde mir bewusst, dass ich mich für meine Einstellung entscheiden kann. – Es ist die alte Geschichte vom halb vollen oder halb leeren Glas. – Meist geht das nicht auf ‚Knopfdruck‘, aber ich kann durchaus steuern, wohin ich den Scheinwerfer meiner Aufmerksamkeit richte: auf das, was gut ist und funktioniert oder auf das, was mich stört.
So ist es z.B. für mein Wohlbefinden und meine Arbeitszufriedenheit ein grosser Unterschied, ob ich mir sage ‚Ich habe so viel zu tun, ich weiss nicht, wie ich alles unterbringen soll’ und dann mit hängender Zunge der Zeit nachspringe – oder ob ich mir sage: ‚Ich habe so viele Stunden zur Verfügung, wie kann ich diese Zeit gut nützen und Prioritäten setzen? – Und vielleicht entscheide ich mich, an den nächsten paar Tagen ein paar Stunden länger zu arbeiten. Im 1. Fall bin ich ein ‚Opfer der Umstände’, im anderen Fall bleibt die Entscheidung und auch die Verantwortung bei mir.