Geld oder Leben? – Wie sich einige Schweizer Konzerne entschieden haben
Vor die Frage ‘Geld oder Leben’ gestellt, fällt die Entscheidung nicht schwer. Das Leben ist wichtiger als Geld.
Die meisten Konzerne der Schweiz entscheiden sich auch so. Sie respektieren die Menschenrechte und halten die international anerkannten grundlegenden Umweltstandards ein.
Doch ein paar Konzernen mit Sitz in der Schweiz ist das Geld wichtiger. Bei ihnen geht es auch nicht um das eigene Leben, sondern um das Leben – meist sehr vieler – anderer Menschen. Ein paar Beispiele:
Glencore
- Im Tschad bricht 2018 der Damm eines 2 Jahre alten Auffangbeckens mit giftigen Chemikalien aus der Erdölproduktion und kontaminiert einen Fluss. Am Tag danach sagt Glencore, dass das Wasser wieder unbedenklich konsumiert werden kann.
50 Personen, darunter auch Kinder, die im Fluss badeten, haben zentimetergrosse Brandblasen, sehen nur noch unscharf, Ziegen, Kühe, Schweine und Schafe sterben. - In Peru führt eine Bleimine zu einer extremen Umweltverschmutzung durch Blei, Arsen und viele weitere Schwermetalle. In der Region weisen 2000 Kinder chronische Schwermetallvergiftungen auf. Die Folgen: Blutarmut, Behinderungen und Lähmungen.
- In Sambia ist in den Abgasen der Ausstoss von Schweldioxid eines Kupferschmelzwerkes bis zu 77-mal höher als es der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erlaubt. Ärzt/innen führen mehrere Todesfälle darauf zurück.
- In Kolumbien verschmutzt eine Kohlenmine das Trinkwasser von 450’000 Menschen mit hohen Schwermetallkonzentrationen. Ärzt/innen beobachten viele Fälle von Brust- und Lungenkrebs.
- In Peru vertreiben Glencore-Wachmänner 2018 über die Weihnachtstage indigene Bäuerinnen mit Steinwürfen von ihrem angestammten Land.
LafargeHolcim
- Um ein Zementwerk aufrecht zu erhalten, finanzierte der Konzern zwischen 2012 und 2015 in Syrien die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS).
- In Nigeria führt die Feinstaubbelastung eines Zementwerks zu zahlreichen irreversiblen Gesundheitsschäden: Atemwegsbeschwerden, Schäden an Leber, Lungen oder Milz und Augenkrankheiten.
MKS Pamp (Goldraffinerie)
- Im November 2022 machen in Tansania für die Erweiterung einer Goldmine Bulldozer im Auftrag des Konzerns 2 Dörfer dem Erdboden gleich. 5000 Personen stehen vor dem Nichts. Weil Eltern das Schulgeld nicht mehr bezahlen können, können Kinder nicht mehr in die Schule.
Syngenta
- 2017 vergiften sich in Indien Hunderte Landarbeiter beim Ausbringen von Pestiziden auf Baumwollfelder; 20 sterben dabei. Obwohl der Wirkstoff in der Schweiz längst verboten ist, wurde er im Wallis hergestellt und in einem Jahr 201‘775 Tonnen davon allein nach Indien exportiert.
Die Liste liesse sich noch beliebig verlängern. Inzwischen wurden ein paar Schweizer Konzerne für solche Verletzungen der Menschenrechte und/oder Umweltstandards im Ausland zu Bussen verurteilt.
Die Meinung der Schweizer Bevölkerung
Die Konzernverantwortungs-Initiative verlangte, dass Schweizer Konzerne auch dann in der Schweiz vor Gericht gestellt werden können, wenn sie oder von ihnen kontrollierte Tochterfirmen im Ausland die Menschenrechte oder international anerkannter Umweltstandards verletzen. Im November 2020 stimmte eine knappe Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten der Initiative zu. Doch da die Mehrheit der Kantone sie ablehnte wurde sie nicht angenommen.
Deshalb trat 2022 ein zahnloser Gegenvorschlag in Kraft. Er verpflichtet die Konzerne lediglich zur Berichterstattung und konzentriert sich auf Konfliktmineralien und Kinderarbeit.
Inzwischen haben die EU und zahlreiche Länder entsprechende Gesetze erlassen. Jetzt ist die Schweiz – zusammen mit der Ukraine, Belarus und ein paar slavischen Staaten – das einzige Land Europas, das kein Konzernverantwortungs- oder Lieferkettengesetz hat.
Deshalb wurde im August 2024 eine Petition lanciert, dass auch die Schweiz ein entsprechendes Gesetz erlässt. Ziel war, in 100 Tagen 100’000 Unterschriften zu sammeln. Es wurden 217’509 Unterschriften. Ganz offensichtlich will die Schweizer Bevölkerung ein solches Gesetz.
Für die Schweiz, die auf seine humanitäre und soziale Tradition so stolz ist, ist es meiner Meinung nach eine Schande, dass sie einzelnen Unternehmen ermöglicht, im Ausland schwerste Verletzungen der Menschenrechte und international anerkannter Umweltstandards zu begehen, ohne dass sie in der Schweiz dafür zur Rechenschaft gezogen werden können.